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Frank Willmann: Der Pate von Neuruppin, Stuttgart 2023

21.07.2023, cg

Frank Willmann erzählt die Geschichte des "grösste[n] Kriminalfall[s] des Ostens" - wie der Klappentext die Geschehnisse zusammenfasst - aus der Sicht der Täter. In komplett in Ich-Form gehaltenen Gesprächmitschriften schildern Olaf Kamrath und seine Freunde, wie sie in den 1990er Jahren in Neuruppin mit Drogenhandel und einigen anderen legalen und illegalen Aktivitäten viel Geld verdient haben. Weiter wird erzählt, wie zumindest Teile der als "XY-Bande" bekannt gewordenen Gruppe gerade auf dem Weg waren, ein Leben als legale Geschäftsleute und Politiker zu beginnen, als ihre Vergangenheit sie einholte: Sie wurden verhaftet, aus dem Alltag gerissen und von ihren Familien getrennt.

Insbesondere Olaf Kamrath, der Kopf der Bande, schildert die Gefühle, die ihn während Untersuchungshaft, Prozess und langjähriger Strafhaft heimgesucht haben, sehr offen. Hinter dem hartgesottenen Gangster wird ein verletzlicher Mensch offenbar, der seine Familie vermisst und einen mühsamen Kampf gegen entsetzliche Langeweile geführt hat.

Der ganze Text ist in proletarischem Plauderstil gefasst. Teilweise ist das permanente Gerede, von "Ollen", "Schwuppen", "Arschlöchern" und "Knarren" recht ermüdend. Dafür gibt es aber gerade Akademikern eine Vorstellung von einem gesellschaftlichen Milieu, mit dem sie sonst vermutlich wenig bis gar nicht in Berührung kommmen.

Lohnt sich "Der Pate von Neurupping" für Nerds?
Ja, denn das Buch bietet einen interessanten Einblick in ein Stück deutscher Post-Wende-Geschichte. Dieser muss natürlich skeptisch gelesen werden. Der Autor weißt ausdrücklich darauf hin, dass er die Geschichte, wenn auch anhand anderer Quellen überprüft, aus Sicht der Täter erzählt. Das Buch lädt auch dazu ein, über Recht und Gerechtigkeit differenziert nachzudenken - genau wie es Bandenchef Kamrath offenbar während seiner Haftzeit getan hat. Dies wirft einmal mehr die Frage auf, wozu man Menschen, von denen keine Gefahr für Leib und Leben Anderer ausgeht, zur Strafe einsperrt.


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