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Gibt es unendlich viele physische Ereignisse?

Selbst bei zurückhaltender Definition der entscheidenden Begriffe gibt es unendliche viele mögliche physische Ereignisse. Der Beweis wird hier erbracht.

Zwei Objekte, symbolisiert durch einen roten und einen grünen Punkt, beeinflussen sich gegenseitig.

21.05.2021

Nachdem wir herausgefunden haben, dass es unendlich viele mögliche Gedanken gibt, wenden wir uns der Frage zu, ob es auch unendlich viele physische Ereignisse gibt. Auch hier ist zunächst eine Festlegung nötig.

Definition "physisches Ereignis":

Abgrenzung zwischen physischen Ereignissen und Gedanken:

Genau genommen ist ein Gedanke, so wie er in dem Text zur Unendlichkeit der Gedanken definiert wurde, auch ein physisches Ereignis, sobald ein Mensch ihn denkt. Denn obwohl der Ursprung von Gedanken unklar ist, ist dank den Erkenntnissen der Neurologie soviel klar: Zu jedem Gedanken, den ein Mensch denkt, gehört ein Vorgang im Gehirn. Unklar ist, ob jedem einzigartigen Gedanken auch ein einzigartiger Vorgang im Gehirn eindeutig entspricht. Dies wäre in mathematischer Fachsprache eine bijektive Abbildung: Jedes Element aus Menge A (Gedanken) ist mit exakt einem Element aus Menge B (Gehirnvorgänge) verknüpft und umgekehrt. Falls es sich so verhielte, wäre hiermit schon bewiesen, dass es unendlich viele mögliche physische Ereignisse gibt: Der unendlich großen Menge möglicher Gedanken wäre eine gleichgroße, also ebenfalls unendliche, Menge möglicher Vorgänge im Gehirn zugeordnet. Da die Menge aller möglichen physischen Ereignisse größer als die Menge aller möglichen Gehirnvorgänge ist, wäre sie erst recht unendlich.

Um die weiteren Überlegungen nicht von der unsicheren Annahme einer bijektiven Abbildung zwischen Gedanken und Gehirnvorgängen abhängig zu machen, definieren wir ein physisches Ereignis makroskopisch:

Ein physisches Ereignis ist jede Veränderung, die Menschen mit ihren fünf Sinnen wahrnehmen können - oder könnten, wenn sie anwesend wären. Nach dieser Definition sind beispielsweise die folgenden Dinge "physische Ereignisse": eine körperliche Bewegungen eines Menschen oder eines Tieres, das Wachstum einer Pflanze, Blitz und Donner, Windböen, das Fallen einer Schneeflocke, ein gesprochenes Wort, ein Vulkanausbruch, Bewegungen der Himmelskörper, eine Rötung der Haut.

Behauptung:

Unter Nutzung der hier gegebenen Definition sei behauptet: Es gibt unendlich viele mögliche physische Ereignisse.

Beweis:

Schon bei der Aufzählung einiger Beispiele für physische Ereignisse ensteht der intuitive Eindruck, es gäbe unendlich viele davon. Der Unterschied zwischen "so unvorstellbar groß, dass sie niemals alle gezählt werden können" und "unendlich" ist philosophisch jedoch entscheidend. Die tatsächliche Unendlichkeit der Menge möglicher physischer Ereignisse beweisen wir über einen Widerspruch:

Wir nehmen an: Es gebe nur endlich viele physische Ereignisse. Die Menge der physischen Ereignisse wäre dann zählbar und wir könnten ihre Gesamtzahl mit Em (für Ereignisse, mögliche) bezeichnen. Ebenso könnten wir theoretisch die Anzahl aller Ereignisse, die sich bereits ereignet haben, zählen und sie mit Ev (für Ereignisse, vergangene) bezeichnen. Hieraus ließe sich als Differenz die Anzahl aller möglichen übrigen Ereignisse bilden und mit Eü (für Ereignisse, übrige) bezeichnen: Em - Ev = Eü

Da die Welt noch in Bewegung ist, also noch Ereignisse stattfinden, sind offensichtlich noch Ereignisse übrig; es gilt noch: Eü > 0.

Mit jedem physischen Ereignis, jedem Atemzug eines Menschen und jedem Anschlag auf einer Tastatur, würde Eü kleiner, bis es irgendwann - morgen oder in Milliarden von Jahren - bei Null liegen müsste.

Was würde passieren, wenn Eü = 0 gälte? Offensichtlich würden nichts passieren; denn wenn etwas passierte, würde es sich dabei um ein physisches Ereignis handeln. Es wären aber keine möglichen physischen Ereignisse mehr übrig. Es bliebe also nur die Möglichkeit, dass das Universum augenblicklich in einem absolut unveränderlichen, zeitlosen Zustand quasi einfröre. Zwar schlösse die hier verwendete Definition von physischen Ereignissen nur makroskopische Ereignisse aus. Es könnten immer noch einzelne mikroskophische Veränderungen stattfinden: Einzelne Atome könnten sich noch bewegen. Sogar Moleküle und Mikroorganismen hätten noch Bewegungsspielraum. Allerdings würden deren Veränderungen höchstwahrscheinlich wieder Kettenreaktionen auslösen, die früher oder später auf der makroskopischen Ebene wirken müssten - was aber nicht mehr möglich wäre, da bereits Eü = 0 wäre.

Dass das Universum eines Tages zum völligen Stillstand kommt und damit effektiv aufhört, zu existieren, ist also unwahrscheinlich, kann aber nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Hierin liegt also nicht zwangsläufig ein Widerspruch. Könnte die stetige Abnahme an möglichen Ereignissen die Art sein, wie das Universum auf sein Ende zuläuft? Betrachten wir einen Zustand kurz vor dem Ende des Universums: In diesem Zustand wäre Eü schon sehr nahe bei null. Wenn die Anzahl möglicher physischer Ereignisse sehr klein wäre, würden die physikalischen Gesetze nicht mehr funktionieren, da sie sich in Ereignissen äußern. In einem Universum, in dem nur noch zwei oder drei Ereignisse möglich wären, könnte die Schwerkraft nicht gleichzeitig alle neun Planeten um die Sonne kreisen lassen. So absurd die Vorstellung ist, dass das Universum Schritt für Schritt, Ereignis für Ereignis einfach stehenbleibt und sich nicht mehr verändert - logisch unmöglich ist es nicht.

Ein unauflöslicher Widerspruch liegt aber sehr wohl darin, dass jedes physische Ereignis die physische Welt verändert und damit neue physikalische Ereignisse ermöglicht. Em kann also gar nicht schrumpfen.

Hier liegt der Widerspruch, der aus der Annahme, es gäbe nur endliche viele mögliche physische Ereignisse, folgt.

Es gibt also unendlich viele mögliche physische Ereignisse.


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