24.05.2021, cg
Die Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim hat in den letzten circa zehn Jahren eine steile Youtube-Karriere hingelegt und ist neben Rangar Yogeshwar und Harald Lesch zu einer der wichtigsten allgemeinverständlichen Stimmen der Wissenschaft in Deutschland geworden. Nun hat sie mit "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit" ein brandaktuelles Buch geschrieben. Anhand von Themen wie der Legalisierung von Mariuhana und der Impfung gegen Corona erklärt sie, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert, wo Wissenschaft an ihre Grenzen stößt und was Bürger und Politikerinnen von dem Prinzip wissenschaftlicher Debatten lernen können und sollten.
An manchen Stellen verwickelt die Autorin sich in leichte Widersprüche und äußerst sich als Chemikerin ein wenig zu selbstsicher über Inhalte anderer Fachrichtungen wie Psychologie und Medizin. In den meisten Fällen sind ihre Ausführungen jedoch nachvollziehbar begründet.
Die Sprache des Buches pflegt einen sympathischen Wechsel aus wissenschaftlichem Vokabular ("post hoc ergo propter hoc"), kindlicher Sprache ("Matschepampe") und Floskeln aus amerikanisch geprägter Webkultur ("Nerd-Bubble").
Lohnt sich "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit" für Nerds?
Ja. Wer sich schon länger professionell oder amateurhaft mit Wissenschaft beschäftigt, sollte von diesem Buch zwar keine großen Enthüllungen erwarten. Die Stärke liegt aber darin, dass die Autorin sowohl ihre Kenntnis wissenschaftlicher Methoden als auch ein ähnlich gutes Verständnis für soziale und politische Prozesse aufbietet. So ist ein Buch entstanden, das Nerds und andere moderne Staatsbürger als Teil ihrer Allgemeinbildung auffassen sollten.