06.07.2021, cg
"Geister auf der Metropolitan Line" trägt den Untertitel "Eine Peter-Grant-Story", was schon darauf hinweist, dass das Buch Teil einer Serie ist. Hauptfigur ist der Londoner Polizist Peter Grant, der nicht nur gerade für eine Prüfung für den höheren Dienst büffelt, sondern nebenbei auch noch Zauberlehrling ist. Als solcher ist er Teil einer schrulligen Polizeieinheit, die für übernatürliche Phänomene zuständig ist, - allerdings weniger geheim als die "Men in Black" und weniger spießig als die "X-Files"; am ehesten vergleichbar mit der Darkside Division aus dem Computerspiel"The Darkside Detective".
Eine Rezension der Zeitschrift "Brigitte" vertritt die Meinung, die Peter-Grant-Stories läsen sich "wie Harry Potter auf Speed". Das ist allerdings eine wenig treffende Beschreibung. "Geister auf der Metropolitan Line" hat außer der Zauberei mit Harry Potter nichts gemeinsam, und der Ich-Erzähler macht zu keinem Punkt der Handlung den Eindruck, er sei auf Speed.
Vielmehr ist Peter Grant ein recht ausgeglichener und glaubhafter Polizist: ohne Illusionen über die Tücken der Bürokratie, ausgestattet mit Strategien zum Umgang mit diesen Tücken, Karriereambitionen, mittelmäßigen Fähigkeiten aber hoher sozialer Kompatibilität.
Die durchweg im Plauderton gehaltene Erzählung weist gewisse literatische Schwächen auf. So klingen die Formulierungen teilweise, als habe eine Siebtklässlerin sie verfasst. Auch einige Inhalte wirken wie nicht druckreife Ideen, die man vergessen hat, aus dem finalen Entwurf zu entfernen. So hat eine für die Handlung, die Entwicklung der Charaktere und die Stimmung völlig irrelevante Kurzerörterung, ob ein Polizist im Außendienst sein Abendessen vom äthiopischen oder vom türkischen Imbiss bezieht, in einem Romänchen von 170 Seiten rein gar nichts zu suchen.
Die Handlung ist im Titel des Romans fast vollständig zusammengefasst: Geister suchen den Pendelverkehr in der Londoner U-Bahn heim und die Polizei fahndet nach dem Ursprung es Spuks.
Lohnt sich "Geister auf der Metropolitan Line" für Nerds?
Wer Terry Pratchett, Arthur C. Doyle, Douglas Adams oder Agatha Christie etwas abgewinnen kann, wird auch diesem Buch von Ben Aaronovitch etwas abgewinnen können. Die britische Krimi-Tradition des 19. Jahrhunderts und die britische Fantastik des 20. Jahrhunderts fließen hier in einem Settig des 21. Jahrhunderts zusammen und ergeben eine heitere Wochenendlektüre. Hohe literarische Ansprüche im Sinne zum Beispiel der Kurzgeschichten-Theorie Edgar Allan Poes darf man jedoch nicht stellen.