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Die Natur der Nerds

Nachdem wir Nerds Stunden in den Fantasiewelten von Computerspielen verbracht haben, wird es Zeit, die dort gelernten Verhaltensweisen auf die Natur unserer echten Welt zu übertragen. Ein Spaziergang im Wald ist viel nerdiger, als man auf den ersten Blick meint.

10.08.2022

Seit etwa 40 Jahren werden Nerds neben Büchern und Filmen auch von Computerspielen geprägt. Genauer gesagt müsste hier gemäß der Definition von Hannah Fry [Link zu Youtube] eigentlich von Geeks die Rede sein, aber dann hätte die schöne Alliteration in der Überschrift dieses Sagakapitels keine Daseinsberechtigung. Also sagen wir: Nerds und insbesondere Geeks werden von Computerspielen geprägt.

Die Handlung der Computerspiele trägt sich oft in Tolkienschen Fantasiewelten zu, die von germanischen und keltischen Mythen geprägt sind. Barden, Bauern, Hexen, Ritter und Zauberer treffen in romantischen Dörfern, verwunschenen Wäldern und mächtigen Burgen auf Drachen, Elfen, Gespenster, Kobolde, Orks und Trolle. In den Rollen der Helden dieser Geschichten haben wir Nerds epische Kämpfe gefochten und mit nahezu übermenschlicher Schläue Rätsel gelöst.

Wir haben in Computerspielen aber auch deutlich profanere Dinge getan. Je nach Geburtsjahrgang haben wir etwa an Schreinen meditiert (Ultima IV, 1985), sind stundenlang durch virtuelle Wildnis marschiert (Fate Gates of Dawn, 1991), haben uns im Wald nahe Fleur de Lis um Holzwürmer gekümmert (Simon the Sorcerer, 1993), die Windmühle von Blackmarsh bedient (Hexen II, 1997), auf Khorinis Sumpfkraut gesammelt (Gothic, 2001), in Cyrodil nach Nirnwurz gesucht (The Elders Scrolls IV, 2006) und in Cyceal Brot gebacken (Divinity Original Sin, 2014). Natürlich hatten diese Handlanger-Arbeiten immer irgendeinen tieferen Sinn: Immer waren wir auf irgendeiner wichtigen Mission. Immer war es das Ziel, ein großes Geheimnis zu lüften oder einem Erzbösewicht das Handwerk zu legen.

Richtige Kontextualisierung, Instant Gratification, Gamification, Sinnstiftung - schon bevor manche dieser Motivationstheorien ausformuliert waren, haben zockende Nerds ihre Macht am eigenen Leib gespürt und durchaus etwas zuviel Zeit in den virtuellen Zauberwelten verbracht. Jetzt wird es Zeit, dass wir unsere Lust am Erkunden und Rätseln zumindest gelegentlich vom PC-Bildschirm weg ins wahre Leben übertragen: Auch in unserer Heimat gibt es Hügel und Berge mit majestätischem Ausblick. Es gibt Wälder mit dunklen Hohlwegen und sonnendurchfluteten Lichtungen. Es gibt gluckernde Bäche, glitzernde Seen und das rauschende Meer.

Natürlich kann man nicht garantieren, dass Ausflüge in die Natur Jedem genauso viel Spaß machen wie ein Computerspiel. Aber für denjenigen, die jetzt etwas vorschnell "Laaangweilig" stöhnen, seien ein paar frappierende Parallelen zwischen virtuellen Abenteuern und realen Wanderungen aufgezeigt:

Ob man im Wald und auf der Heide etwas Besonderes oder nur Altbekanntes findet, lässt sich vorher nicht sagen. Bei vielen Computerspielen ist es aber auch Teil des Konzepts, dass die Spielerin erst einmal ohne klare Anweisung losgeschickt wird. Soll sie nach Norden oder Süden gehen? Dem Flussverlauf folgen oder die Höhle erkunden? Erst das Dorf oder erst die Burg aufsuchen? Das wird meist nicht verraten. Warum sollte in der Realität langweilig sein, was in Spielen wie "Simone the Sorceror" oder "Gothic" spannend ist?

Auf Spaziergängen weiß man nie, wen man so trifft. Langweilige Leute, interessante Leute, doofe Leute, nette Leute, gar keine Leute - und ja, theoretisch, ganz ganz ganz selten auch mal böse Leute. In Open-World-Computerspielen wie der "The Elder Scrolls"-Serie nennt man das "Zufallsbegegnungen" und sie sorgen dafür, dass jede Reise die Chance auf weitere Erfahrungspunkte bietet. Warum nicht auch im Real Life mal ein paar Zufallsbegegnungen riskieren?

Ob Spazieren, Wandern, Joggen, Radfahren, Schwimmen oder Reiten; ob allein oder in Gesellschaft; ob ein paar Minuten oder mehrere Stunden - wie man die Natur genießt, kann man stark den persönlichen Vorlieben anpassen - ganz ähnlich wie in Computer-Rollenspielen. Abhängig davon welchen Charakter man wählt und welche Skills man aufbaut, unterscheidet sich der Spielverlauf. Der Wiederholungswert von Ausflügen in die Natur ist also mindestens so hoch wie der Wiederspielwert von "Quest for Glory".

Wer gerne am Computer virtuelle Ausflüge in die Natur macht und bisher die echte Natur gemieden hat, sollte auch das echte Ding mal probieren. Nicht nur sind frische Luft und Bewegung gesund - es gibt auch viel zu sehen. Pflanzen mit gelbem Holz, Bäume die an den seltsamsten Orten wachsen, grabende Wespen, neugierige Fische...

Nun ist aber immer noch die Frage offen, was einen motivieren soll, die geliebte Nerdhöhle zu verlassen. Es gibt im an den Mecklenburger Seen, in der Lüneburger Heide, in der Wetterau und im Schwarzwald keine Monster zu bekämpfen und keine Endgegner zu besiegen - und sein wir ehrlich: im echten Leben ohne Speicher- und Ladefunktion würden wir es auch ungern versuchen. Es gibt auch keine großen Geheimnisse in der Natur zu lüften - dafür sind heute Hörsäle und Labors da.

Aber für echte Nerds sollten eigentlich auch kleinere Lerngelegenheiten ein paar Schritte Wert sein. Nur mit einem Buch, einem Smartphone oder beidem bewaffnet kann man auf einem Waldspaziergang zum Pflanzenkundler werden, der Erle von Esche und Torfmoos von Sumpfdotterblume unterscheiden kann. Wem das nicht reicht, der kann sich ja ein auch ein paar mehr Bio-Kenntnisse aneignen und lernen, einen gesunden Wald von einem geschwächten zu unterscheiden - und schon kann man wertvolle Beiträge zum Umweltschutz leisten.

Und last but not least ist da noch die Tatsache, dass Denkpausen, Bewegung und Erholung für die meisten Menschen wichtige Zutaten zum erfolgreichen Lernen und kreativem oder analytischem Arbeiten sind.

Also, liebe Geeks und Nerds: probiert's mal. Geht raus und testet, ob die Natur nicht ähnlich viel Spaß macht wie ein Computerspiel.



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