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Die lange Spur der Kultur

In einer Erfurter Klosterkirche wird eindrücklich - und auch ein bisschen nerdig - deutlich, wie die menschliche Kultur inklusive Wissen und Technik sich kontinuierlich weiterentwickelt.

07.04.2023

Gemäß der Evolutionstheorie entwickelt sich das Leben permanent in kleinen Optimierungsschritten weiter. Die am besten an ihre Umwelt angepassten Organismen reproduzieren ihre Struktur dank ihrer optimalen Fortpflanzungschancen am häufigsten. So stellt jede Generation eine leicht verbesserte Kopie ihrer Vorgängerin dar.

Dieses unbewusste Qualitätsmanagement des kohlenstoffbasierten Lebens hat ein Pendant in der menschlichen Kultur. Alles, was der Mensch hervorbringt, dient als Grundlage für weitere Entwicklungen. Aus Naturbeobachtungen gingen sowohl Mythen als auch Philosophie hervor. Aus den einfachen Mythen wurden komplexe Religionen und aus der Philosophie wurde moderne Wissenschaft. Aus Religion und Philosophie ging außerdem moderne Ethik hervor.

Die technische Entwicklung begann auch mit der Naturbeobachtung. Vom ersten Moment, als Äste und Steine als primitive Werkzeuge benutzt wurden, gebahr eine Idee die nächste, bis sich Disziplinen wie Handwerk und Ingenieurskunst formal zu entwickeln begannen und schließlich mit der modernen Wissenschaft zusammenkamen, um technische Wunder wie Internet und Nanomaterialien hervorzubringen.

Abgesehen von den Erleichterungen, die wir heute dank dieser kulturellen und technischen Evolution genießen, ist es besonders faszinierend, die kulturelle Evolution als solche zu betrachten. So wie es heute noch Tiere wie den Nautilus und den Waran gibt, die anscheinend mit wenig Veränderung die Jahrmillionen überdauert haben und gleichzeitig mit uns Menschen auf diesem Planeten leben, gibt es auch Jahrtausende alte Kulturgüter, die Seite an Seite mit ihren jüngsten kulturevolutionären Abkömmlingen stehen.

Im Erfurter Augustinerkloster ist so eine faszinierende Gleichzeitigkeit sichtbar: In der etwa 700 Jahre alten Klosterkirche ist ein mannshoher Pappaufsteller zu sehen, der unübersehbar dem Google-Maps-Symbol für Suchergebnisse nachempfunden ist. Besucher sollen damit offenbar angeregt werden, über ihren Platz und damit vielleicht auch ihre Rolle in der Welt nachzudenken.

Das Kreuz hinter dem Altar und der Google-Maps-"Tropfen" neben dem Portal - ein 2000 Jahre altes und ein 20 Jahre altes Symbol unter einem Dach beeinander. Beide Symbole sollen von ganz unterschiedlichen Ansätzen her Orientierung bieten und werden nahezu universell verstanden. Dies zeigt die enorme Leistungsfähigkeit des menschliches Verstandes und macht Mut, die Arbeit für Frieden, Freiheit und Fortschritt niemals aufzugeben; denn Alles, was wir Menschen erreicht haben und noch erreichen wollen, basiert nicht zuletzt auf gelingender Verständigung und einer gemeinsamen Deutung der Welt.

Die Erfurter Augustiner haben definitiv nicht aufgegeben; das zeigt schon eine weitere Gleichzeitigkeit in ihrer Kirche - diesmal eine technische: Neben der Tür steht die in Kirchen übliche Spendenschatulle. Direkt daneben an der Wand hängt ein elektronisches Spendenterminal mit Touchscreen und NFC-Interface, so dass man dem Kloster samt seiner Kirche und seinem Tagungszentrum den gewünschten Betrag bequem per EC-Karte spenden kann.

Man muss keine Anhängerin der evangelischen Kirche sein und man kann ihr Festhalten an vollkommen unwissenschaftlichen Legitimationen albern finden. Ihre weltliche Wohltätigkeit und auch das Grundprinzip der Spiritualität sind aber unbestritten gut und unterstützenswert. Die in Erfurt anzutreffende Offenheit für Digitalisierung und Silicon-Valley-Symbole kann sogar fast als nerdig bezeichnet werden.



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