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Wissenschaft ist die wahre Magie

Magie wirkt auf viele Menschen anziehend. Manchmal soll sie auch einen Gegensatz zur Wissenschaft bilden. Dabei sind die Parallelen zu Magie und Wissenschaft erstaunlich groß.

18.10.2023

Viele Menschen glauben an Magie oder würden gerne an sie glauben. Der Absatzmarkt für "astrologische" Dienstleistungen, Edelsteintherapie und andere esoterische Dinge zeugt von den Menschen, die tatsächlich an Magie glauben. Der ebenso vorhandene Absatzmarkt für fantastische Fiktion wie "Harry Potter", "Herr der Ringe" und vieles mehr zeugt von den Menschen, die zumindest den vorübergehenden Glauben an Magie genießen. Und vermutlich gibt es auch eine Schnittmenge zwischen diesen zwei Gruppen.

"Magie" - und auch "esoterisch" - sind natürlich Begriffe, die im letzten Absatz zu Einleitungszwecken unqualifiziert - weil undefiniert - verwendet wurden. Eine wirklich saubere Definition dieser Begriffe wäre sehr aufwendig. Für die Zwecke dieses Kapitels der Saga von Nerdhalla genügt eine ungefähre Definition:

Mit "Magie" sind hier wissenschaftlich nicht erklärbare Phänomene in der Tradition von literarischen Klassikern wie Grimms "Froschkönig", Goethes "Der Zauberlehrling", Tolkiens "Herr der Ringe" und Rowlings "Harry Potter" gemeint. In solchen fiktiven Welten gibt es typischerweise einige wenige Menschen, die dank seltenen Wissens oder seltener Fähigkeiten Dinge tun können wie zum Beispiel Menschen in Tiere zu verwandeln oder Flammen aus ihren Händen schießen zu lassen. Diese Dinge, die gewöhnlichen Menschen auch in den genannten fiktiven Welten nicht möglich sind, bezeichnen wir als "Magie".

Aus Sicht unserer heutigen realen Welt umfasst Magie Dinge, die, würden sie tatsächlich geschehen, nicht wissenschaftlich erklärt werden könnten. Oft ist es auch in den fiktiven Welten so, dass es wie zum Beispiel bei "Harry Potter" einen zumindest angedeuteten Gegensatz zwischen moderner Wissenschaft und unerklärlicher Magie gibt. Dies ist auch die Gemeinsamkeit zwischen der Magie in den fiktiven Welten von Büchern, Filmen und Computerspielen und der Magie wie Astrologie und Edelsteintherapie, an die manchen Menschen in der heutigen realen Welt glauben: Sie steht im Widerspruch zu Erkenntnissen der modernen Wissenschaft oder könnte - falls sie funktionieren sollte - durch sie bisher nicht erklärt werden.

Von all den interessanten Fragen, die man in diesem Zusammenhang stellen kann, wollen wir hier diese kurz erörtern: Was ist der Reiz von Magie? Warum lesen so Viele mit Freude Bücher über magische Welten und warum hoffen so Viele darauf, in Astrologie und Edelsteinen Antworten auf Lebensfragen zu finden?

Der Reiz von Magie besteht vermutlich darin, dass ihr keine erkennbaren Grenzen gesetzt sind. Wenn Gandalf den Kampf mit einem mammutgroßen Feuerdämon überleben kann, dann kann er früher oder später vermutlich jedes Problem in Mittelerde lösen. Wenn Harry Potter schon als Schüler den mächtigsten bösen Zauberer der jüngeren Geschichte besiegt - wie viel Gutes wird er dann im weiteren Verlauf seines Lebens noch tun?! Wenn eine Wahrsagerin anhand meines Sternzeichens und Aszendentens gewisse Charakterzüge von mir (vermeintlich?) korrekt beschreiben kann - kann sie dann nicht auch den Ausgang meiner wichtigen Lebensentscheidungen vorhersagen?! Kann jemand, der die Sterne und ihre verborgenen Kräfte nur intensiv genug studiert oder erfühlt und übersinnlich erfahren hat, nicht den ganzen Verlauf der Zukunft des Kosmos voraussagen??!! Solche Vorstellungen geben ein Gefühl von Sicherheit oder Hoffnung - sei es für die halbe Stunde gemütlichen Lesens auf der Couch oder für das ganze Leben.

Ebenso können die Magierinnen und Magier, über die wir lesen oder deren Rat wir einholen, die schöne Fantasie oder reale Ambition anregen, irgendwann selbst magische Fähigkeiten zu erwerben. Welcher "Harry Potter"-Fan tagträumte nicht schon einmal davon, selbst die Prüfungen an Hogwarts erfolgreich abzulegen und eines Tages dort einen Lehrposten zu bekleiden - oder auch nur Quidditch zu spielen? Und Ratgeber-Literatur zu Themen wie "Mit Engeln sprechen" und "Edelsteinwasser für Anfänger" zeugen davon, dass einige Menschen auch im realen Leben hoffen, sich Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, die im weitesten Sinne als magisch bezeichnet werden können.

Auch das Gefühl, einer Elite oder verschworenen Gruppe anzugehören, mag reizvoll sein. Bei Büchern, Filmen und Computerspielen ist es wieder die bewusste Fantasie: Hier haben wir die Gelegenheit, uns mit einem Magier, einem der wenigen Auserwählten zu identifizieren. Dank übernatürlicher Kräfte lösen wir Probleme, mit denen der gewöhnliche Plebs überfordert ist. Und vielleicht sind wir auch Mitglied einer elitären Zauberer-Uni oder eines mysteriösen Hexenkonvents. In der realen Welt können wir uns tatsächlich unsere kleine Gruppe suchen, die dieser oder jener Denkschule des Übersinnlichen anhängt. Wir können uns dann gewiss sein, dass wir etwas der Mehrheit unserer Mitmenschen Unbekanntes oder Unverständliches haben.

Dies sind also einige der Gründe, warum Magie faszinierend ist. Diese Faszination sei Jedem gegönnt. Aber wie der Titel dieses Textes schon andeutet, haben wir noch eine weitere Perspektive parat. Sehen wir uns doch einmal an, wie viele der an Magie so interessanten Aspekte auf die moderne Wissenschaft zutreffen:

Nach allem, was wir wissen, sind ihr keine Grenzen gesetzt. So viele intellektuelle und physische Hürden, die einst unbezwingbar erschienen, haben wir mit den Methoden der modernen Wissenschaft schon überwunden - warum sollte ein Ende in Sicht sein? Quantencomputer, saubere Energie, künstliche Intelligenz, interplanetare Raumfahrt und Impfungen gegen Krebs sind am Horizont aufgetaucht oder werden bereits eifrig erforscht und entwickelt - und das während die Ältesten unter uns sich noch an Zeiten erinnern, in denen Schwarzweiß-Fernsehen modernste Technik war!

Die Magie der Wissenschaft können wir prinzipiell Alle erlernen. Theorien und Hypothesen mögen abstrakt sein. Mathematik und Statistik mag zäh sein. Die Informationsmenge in Biologie und Chemie mag überwältigend erscheinen. Und angesichts der infinitesimalen Komplexität von Physik und Elektronik mögen wir uns wie grobschlächtige Waldschrate vorkommen. Aber alle diese wissenschaftlichen Disziplinen haben Menschen mit prinzipiell ganz normalen Gehirnen erschlossen - so dass wir Alle sie prinzipiell auch erlernen können. Es mag lange dauern und anstrengend sein - aber es ist möglich.

Diejenigen von uns, die den Weg von der Durchschnittsbürgerin auf dem Sofa zur Wissenschaftlerin im Labor tatsächlich gehen, erarbeiten sich damit - genau wie die Magier - den Zugang zu einer verglichen mit der Gesamtbevölkerung eher kleinen Gruppe, die zwar selten mit Geheimwissen operiert, aber Wörter benutzen, Formeln lesen und Berechnungen anstellen kann, die der Durschnittsmensch aus dem Stand nicht versteht. Und mal ehrlich - so ein Mathe-Buch voller Matrizen, Summen und Integralen hat doch schon was von einem arkanen Zauberbuch.

Selbst die Jahrhunderte alte Legende des Golems wird durch humanoide Roboter und künstliche Intelligenz nun langsam zur Realität - mit all ihren gruseligen und ethisch komplexen Seiteneffekten.

Der Traum von der Magie und die Träume der Wissenschaft passen gar nicht schlecht zusammen. Also, ihr Fantasy-Fans und Magie-Anhänger: Besorgt euch einfach mal ein Wissenschafts-Buch. Lest gelegentlich ein bisschen darin. Und wenn ihr eure Kenntnisse über Wahrscheinlichkeitsrechnung, Säuren und Basen oder Elektrizität aufgefrischt habt, belohnt euch wieder mit ein paar Seiten Fantasy- oder Esoterik-Literatur. Vielleicht springt der Zauber von der Magie zur Wissenschaft ja über.



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